Verzeihen…

Mit dem Verzeihen ist es so eine Sache… Manchmal würden wir gerne, können aber nicht. Manchmal sollten wir, wollen aber nicht. Und manchmal zerbrechen wir selbst daran, nicht zu verzeihen. Ob es nun um Kleinigkeiten geht, oder um lebensverändernde Ereignisse, der Schlüssel zum eigenen Glück liegt oft in der Vergebung.

„Öffne zum Geben deine Hand, zum Nachgeben dein Herz und zum Vergeben deinen Verstand.“ So lautet ein Zitat eines unbekannten Verfassers. Heisst das nun, dass Vergebung eher eine Kopf-, als eine Bauchsache ist? Muss ich zum Vergeben eher meinem Verstand als meinen Gefühlen folgen? Vielleicht ist das manchmal so…  Vergebung ändert nicht die Vergangenheit, doch sie gibt der Zukunft eine Chance. Also wäre es doch manchmal besser, dem Verstand und der Vergebung zu folgen, wenn uns diese zurück zu unserem Frieden führt. Doch wie genau macht man das in der Realität?

Ein anderes, genau entgegengesetztes Gefühl ist „Rache“ oder „Vergeltung“. Wir wollen es instinktiv heimzahlen, wenn uns jemand wehgetan hat. Wir wollen denjenigen den gleichen Schmerz fühlen lassen, wie er ihn uns zugefügt hat.  Dummerweise funktioniert das aber normalerweise nicht, sondern provoziert  das Gegenüber nur zu noch weiteren Taten, die uns schmerzen. Und das Gefühl der Genugtuung verschafft uns in der Regel auch keinen Frieden, sondern hinterlässt mit der Zeit ein schlechtes Gewissen. Weil wir insgeheim doch genau wissen, dass es falsch war, Rache zu üben. Wir haben uns auf das Niveau des Schlechten begeben und uns dazu hinreissen lassen. Also ist das Gefühl der Rache eine Sackgasse. Doch um dieses Gefühl zu umgehen, müssen wir unseren Verstand einschalten. Wir müssen einem nie enden wollenden Ping-Pong-Spiel einen Riegel vorschieben. Und das vermag in dieser Gefühlsangelegenheit nunmal nur der Verstand umzusetzen.

Mir ist in meinem Leben aufgefallen, dass sich solche Genugtuungswünsche auch in den Alltag einer Beziehung einschleichen können. Nach Streitereien sind meistens beide Parteien noch sehr verletzlich, weil verletzende Worte gefallen sind, die bleibende Wunden zurücklassen. Manchmal hallen diese verletztenden Worte noch in den Köpfen wider und wider und streuen Salz in die Wunde. Um die schlimmsten Wunden heilen zu lassen bis wir vergeben können, brauchen wir Zeit. Doch genau diese Zeit kann sehr belastend für eine Beziehung sein. Es kann leicht passieren, dass man – vielleicht nicht einmal bewusst – die kleinsten Gelegenheiten nutzt, um den Schmerz heimzuzahlen. Und seien es auch nur noch so kleine Sticheleien im Zusammenleben, genau diese vergiften die Vergebung. Sie wird automatisch zum Scheitern verurteilt. In dieser Zeit muss man also sehr viel Kraft haben und seine Energie dafür verwenden, möglichst nicht diesem Genugtuungs-Schema zu verfallen.

„Der Schwache kann niemals vergeben. Vergebung ist das Merkmal der Starken.“ (Mahatma Gandhi)

Es fordert uns manchmal das Äusserte ab und braucht sehr viel Kraft, bis wir zur Vergebung gelangen. Aber am Ende werden wir auch dafür belohnt, indem wir unseren Frieden wieder finden. Wir können uns selbst ohne schlechtes Gefühl im Spiegel in die Augen sehen. Genau dieses Einsehen, nämlich dass wir Glück erst wieder in der Vergebung finden, und nicht in der Rache, macht uns also stark. Und die Kraft, die wir dafür aufwenden, erhalten wir irgendwann wieder zurück.

Und nicht zuletzt, sollten wir nicht vergessen, uns in manchen Lebenssituationen auch selbst zu vergeben. Jeder macht Fehler. Doch wenn wir diese einsehen und sie zugeben, und sie vielleicht sogar wieder gutmachen können, dann dürfen wir auch uns selbst vergeben. Denn das ist der Schlüssel zur Selbstliebe. Nur, wenn wir uns selber lieben, können wir auch andere lieben und wieder Glück empfinden.

„Vergebung ist keine einmalige Sache, Vergebung ist ein Lebensstil.“ (Martin Luther King)

Herzlichst,

Eure Coco

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